Panorama © Thomas Eisert
Vituskirche zur Zeit der Blüte der Zierkirschen © Martin Mahlmeister
Innenraum © Martin Mahlmeister
Orgel in Sailauf Harrison & Harrison 1902 © Martin Mahlmeister
St. Vitus Sailauf © Martin Mahlmeister
Friedhofportal © Thomas Eisert
© Burglandschaft
Sailaufer Bleckmaul © Martin Mahlmeister
Virtuelle Rekonstruktion Bauabschnitt 1 um 1030 © Burglandschaft
Virtuelle Rekonstruktion Bauabschnitt 2 um 12./13. Jahrhundert © Burglandschaft
Vituskirche im Winter © Martin Mahlmeister
Panorama © Thomas Eisert
Vituskirche zur Zeit der Blüte der Zierkirschen © Martin Mahlmeister
Innenraum © Martin Mahlmeister
Orgel in Sailauf Harrison & Harrison 1902 © Martin Mahlmeister
St. Vitus Sailauf © Martin Mahlmeister
Friedhofportal © Thomas Eisert
© Burglandschaft
Sailaufer Bleckmaul © Martin Mahlmeister
Virtuelle Rekonstruktion Bauabschnitt 1 um 1030 © Burglandschaft
Virtuelle Rekonstruktion Bauabschnitt 2 um 12./13. Jahrhundert © Burglandschaft
Vituskirche im Winter © Martin Mahlmeister

St. Vitus Sailauf

3 Min. Fußweg
Buslinie 45

Die Vituskirche stammt ursprünglich aus dem 11. Jahrhundert, wurde seitdem aber mehrfach umgebaut und erweitert. Sie liegt erhaben auf dem Kirchberg im Zentrum Sailaufs, innerhalb des von einer Mauer umfassten Friedhofs. Bis auf eine zeitweise Unterbrechung in den Jahren 1971 bis 2008 war St. Vitus seit dem Mittelalter die Pfarrkirche von Sailauf und Umgebung.

Geschichtlicher Hintergrund

Die Kirchengründung von St. Vitus geht ins 11. Jahrhundert, oder früher, zurück. Im Jahre 1279 wurde St. Vitus dem Stift Aschaffenburg inkorporiert, also einverleibt, und der Pfarrbesitz in einer Schriftquelle erwähnt. In selbigem Jahr wird anscheinend auch erstmalig ein Name eines Sailaufer Pfarrers, Heinrich von Scheckelnberg, erwähnt. Aufgrund der Inkorporation war er der letzte selbständige Pfarrherr von Sailauf. Sailauf gehörte bis zur Säkularisierung zum Mainzer Bistum, ist Urpfarrei im Mainzer Spessart und somit Mutterkirche der im Vorspessart gelegenen Kirchen. Seit dem Mittelalter ist die Tradition von St. Vitus als Pfarrkirche von Sailauf nahezu ununterbrochen. Ab 1971 wurde lediglich für einige Jahre der mittlerweile wieder abgerissene Neubau der modernen Auferstehungskirche (1971-2008) als Pfarrkirche genutzt. Ab 1989 diente die Vituskirche als Zweitkirche für Taufen und Trauungen. Seit 2008 ist St. Vitus wieder die reguläre alleinige Pfarrkirche.

Der Sailaufer Kirchberg mit der Vituskirche inmitten des historischen Friedhofs ist seit vielen Jahrhunderten ein Ort der Sammlung und Gottesbegegnung. Vor Errichtung der ersten Steinkirche existierte vermutlich bereits eine Holzkirche und der Friedhof wurde wohl schon lange Zeit genutzt. Nach den Berechnungen des Pfarrers Bonaventura Ruf (*29.10.1859 in Bürgstadt, †3.1.1939 in Rüdenschwinden) sollen bis dahin schon ca. 40000 Tote bestattet worden sein. Pfarrer Bonaventura Ruf wurde in Sailauf Dechant und Geistlicher Rat. Er bekleidete sein Amt in Sailauf für 50 Jahre – 1888 bis 1938, verstarb in seinem Alterssitz Rüdenschwinden und fand auf dem Friedhof auf dem Sailaufer Kirchberg seine letzte Ruhestätte.

Seit 1789 wird das Aussehen des Gotteshauses vom spätbarocken Kirchenschiff geprägt, das an Stelle eines Vorgängerbaus aus der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts errichtet wurde. Die prächtige Innenausstattung stammt vornehmlich aus der Zeit des Barocks, darunter ein vergoldetes Tabernakel der Würzburger Bildhauer Balthasar Esterbauer und Johann Peter Wagner. Es ruht auf einem von Säulen getragenen Altartisch im Chorraum und befand sich ursprünglich in einem Seitenschiff des Würzburger Doms (seit 1901 in Sailauf). Der farbig gefasste Innenraum der Pfarrkirche wurde erst um 1900 im Stil des Historismus ergänzt und ist seit den 1980er Jahren, nach umfassender Sanierung und teilweiser Rekonstruktion wieder sichtbar. Die letzte Renovierung fand 2006 bis 2008 an Dach und Fundamenten statt. Ein moderner würfelförmiger Sakristeianbau ergänzt seither die Nordpartie der Kirche.

Baubeschreibung und Innenausstattung

Der heutige Kirchenbau stammt vornehmlich aus dem Jahre 1789 und wurde mehrfach restauriert. An den mittelalterlichen Turm schließt sich das spätbarocke Kirchenschiff an, das durch vier Fensterachsen gegliedert ist. Der eingezogene Chor erstreckt sich über eine weitere Achse nach Osten und ist dreiseitig geschlossen. Die bodentiefen Fensternischen werden von toskanischen Pilastern flankiert. Die bleiverglasten Rundbogenfenster werden um 1860/70 datiert und sind mit der Signatur von H. Beiler, Heidelberg, versehen. Der Kirchenraum wird von Wandmalereien des 19. Jahrhunderts geziert, die zu Anfang des 20. Jahrhunderts weiß übertüncht und erst 1987–89 farbenprächtig rekonstruiert wurden. Im Stil des Historismus mit üppigen floralen Motiven zeigt das Bildprogramm im Chor Medaillons mit Darstellungen der vier Evangelisten, des Erzengels Michael sowie des Agnus Dei (Lamm Gottes) und oberhalb des Altars weitere bildliche Darstellungen.

Die prächtige Innenausstattung stammt vornehmlich aus der Zeit des Barocks. Der goldene Tabernakel des prächtigen Hochaltars ruht auf einem von vier Säulen getragenen Altartisch. Darauf sind verschiedene christologische Themen aufgegriffen, so thront das Agnus Dei auf sieben Siegeln im Strahlenkranz, flankiert von zwei anmutigen Engeln. Das wertvolle Kunstwerk stammt aus den Händen von Balthasar Esterbauer und Johann Peter Wagner. Der Altaraufsatz war ursprünglich in einem Seitenschiff des Würzburger Doms aufgestellt, 1874 kam er nach Wörth am Main. 1901 erwarb ihn die Pfarrei Sailauf. Der Volksaltar und Ambo wurden erst 1989 für die Kirche angefertigt. Die Altargemälde der Seitenaltäre sind Werke des Aschaffenburger Malers Edmund Seeland von 1800. Der Marienaltar ist vor allem wegen der spätgotischen Statuen der Heiligen Margaretha und Benedikt, wohl um 1500, beachtenswert. St. Vitus auf dem südlichen Altar wird von den Heiligen Wendelin und Paulus begleitet. An der nördlichen Kirchenschiffswand dominiert die aus der Erbauungszeit stammende Kanzel, deren Medaillons Jesus als guten Hirten und König thematisieren.

Heiliger Vitus – Nothelfer und Patron

Der heilige Vitus – einer der vierzehn Nothelfer – ist Patron und Namensgeber der Sailaufer Vituskirche. Der zweite Patron ist der heilige Sebastian. Die Pfarrkirche beherbergt eine Vielzahl sehenswerter Kunstwerke, die unter vielen weiteren mehr auch diese Heiligen darstellen. Darunter eine kleine Vitusfigur im Ölkessel, die zum Patroziniumsfest am 15. Juni feierlich mit einem Blumenkranz geschmückt wird. Außerdem, in einer der Fensterachsen im Langhaus, eine barocke Figur des Heiligen mit Palme, Hahn, Buch und Fürstenhut, dessen Fuß auf dem Ölkessel ruht. Auch auf dem Ölgemälde des südlichen Seitenaltars befindet sich der heilige Vitus, auf sein Martyrium in einer Szene im Hintergrund deutend. Auch das in der Barockzeit ergänzte südliche Friedhofsportal bekrönen der Hl. Vitus (links), der Hl. Sebastian (rechts) und die Muttergottes.

Klangvolles Sailauf: Orgel und Glocken

Seit Dezember 2014 erklingt im Kirchenraum die englische Orgel der Firma Harrison & Harrison aus Durham von 1902. Die Pfarrei erwarb sie von der methodistischen Gemeinde in Harrogate und ließ sie umfassend von Orgelbau Martin Karle aus Zellingen restaurieren. Die Orgel verfügt über 26 Register, 3 Manuale und Pedal. Die Bemalung der Pfeifen richtet sich nach historischen Vorbildern. Seitdem finden regelmäßig Orgelkonzerte mit namhaften Künstlern statt. Eine 100-seitige Festschrift gibt ausführlich Auskunft über die Geschichte der Sailaufer Orgeln und das Orgelprojekt 2012 bis 2014. Eine weitere klangvolle Besonderheit der Vituskirche sind die acht Glocken, die im Glockenturm hängen. Die Älteste stammt noch aus dem 14. Jahrhundert. Von der größten bis zur kleinsten Glocke sind dies seit 2008: St. Gertrudis (Martin Moller 1478), Christus Rex (Otto 1950), Assumptio (Otto 1950), Die Armen Seelen geleit ich (Perner Passau 1969), St. Vitus steh uns bei (Perner Passau 1988), historische Glocke (14. Jh.), Heiliger Josef (Perner 1988), Heiliger Sebastian (Perner 1988).

Architektonische Gestalt und Bauphasen

Die historische Entwicklung der Sailaufer Pfarrkirche ist von vielzähligen Veränderungen geprägt. Der heutige Kirchenbau geht in seiner Grundform auf die Steinbauphase von 1789 (Bau 4) zurück. Diesem lassen sich insgesamt drei Vorgängerbauten aus Stein nachweisen. Wobei eine wiederum noch ältere Kirche in Holzbauweise an selbigem Standort bereits gestanden haben könnte.

Der spätbarocke Kirchenbau (Bau 4) wurde, wie auch die noch älteren Vorgängerkirchen, an nahezu derselben Stelle des Kirchbergs errichtet, in seiner Form jedoch über die Jahrhunderte mehr und mehr nach Osten verlängert und somit der Baukörper vergrößert. Die stete Erweiterung wird durch die Zusammenführung der vier Grundrissskizzen besonders deutlich. Die Grundrisse sind hier nur schematisch, ohne bauliche Details, dargestellt.

Die vier Steinbauphasen von St. Vitus in Sailauf:

Bau 1: um 1080 / 11. Jh. (romanisch),
Bau 2: undatiert (wohl romanisch, 12. / 13. Jh.),
Turm: Bau 1 oder Bau 2,
Bau 3: um 1576, (nur Südpartie archäologisch gesichert),
Bau 4: 1789 (barocker Umbau, heutige Pfarrkirche).

Bau 1: Erste Steinbauphase, um 1080 / 11. Jh.

Die erste Steinbauphase (Bau 1) stammt wohl aus der Zeit um 1080 und gehört dem romanischen Baustil an. Der damals – wie heute noch – ebenso nur einschiffige längsrechteckige Baukörper ist insgesamt kleiner als in späteren Bauphasen. Das Kirchenschiff von Bauphase 1 misst an seinen Außenwänden nur 12,70 x 7,50 m, bei einer Mauer- bzw. Fundamentstärke von 0,90 m. Die Außenmaße des Chors sind mit 5,60 x 5,50 m fast quadratisch, bei einer Mauerstärke von 0,70 m.

Der Turm:

Es ist anzunehmen, dass der romanische Glockenturm entweder bereits zu dieser frühen Phase um 1080 (Bau 1) oder auch erst kurze Zeit darauf im Zuge des Neubaus (Bau 2) errichtet wurde. Fest steht, dass es sich bei den unteren Turmgeschossen um die ältesten erhaltenen Bauteile der Vituskirche handelt. In seinem Grundriss bleibt er seit dem Mittelalter unverändert. Lediglich die oberen Geschosse werden in späteren Jahrhunderten (in Bauphase 3 sowie bei späteren Renovierungsmaßnahmen) verändert und teilweise umgebaut.

Bau 2: Zweite Steinbauphase, undatiert

Der am Dachboden sichtbare Giebelansatz stammt noch aus der zweiten Bauphase.
Der zweite Steinbau (Bau 2) ist aufgrund der architektonischen Gestalt des Baukörpers wohl ebenfalls in die Zeit der Romanik (wohl Spätromanik, beginnende Frühgotik) einzuordnen und könnte aus dem 12. / 13. Jahrhundert stammen. Er erscheint insgesamt etwas größer, höher und das Dach etwas steiler als beim Vorgängerbau. Untersuchungen am Originalbestand geben Auskunft über die Schiffshöhe sowie Dachneigung von Bau 2, denn der Ansatz des Giebels hat sich mit einer Dachneigung von etwa 50° an der östlichen Glockenturmwand bis heute erhalten.

Bau 3: Dritte Steinbauphase, um 1576

Zwischen 1574 und 1579 fand sodann die nächste Erweiterung des Kirchenschiffs und somit die um 1576 datierte, dritte Steinbauphase (Bau 3) statt. Mauerfragmente im Südbereich (dunkelgrün) konnten bei einer Grabung in den 1980er-Jahren archäologisch bestätigt werden. Über das genaue Aussehen und die Höhe des aufgehenden Baukörpers (Schiffswände, Dach, Nordwand- u. Chorpartie) liegen bislang keine eingehenden Forschungserkenntnisse vor, sodass über den dritten Vorgängerbau bisher nur Vermutungen angestellt werden konnten. In der Grundrissskizze ist der unerforschte Nordbereich hellgrün, der Südbereich dunkelgrün eingefärbt.

Bau 4: Vierte Steinbauphase, 1789 (heutiger Kirchenbau)

Die spätbarocke Vituskirche des 18. Jahrhunderts entstammt bereits der vierten umfassenden Steinbauphase (Bau 4). Pfarrer Anton Köhler nahm dafür im Jahre 1781 die Vorarbeiten in Angriff und beauftragte Baumeister Adam Vill aus Aschaffenburg mit dem Kirchenbau, den dieser zu Martini am 11. November 1789 fertig stellte. Bau 4 hat sich in seiner Grundform bis heute erhalten. Vornehmlich der Innenraum wurde in späteren Jahrhunderten mehrfach umgestaltet und ist im historistischen Stil farbenprächtig nach der umfassenden Renovierung in den 1980er-Jahren wiederhergestellt worden.

Literatur und Links

Rudolf Josef Lippert: Sailauf und Eichenberg im Lichte der Überlieferung, Obertshausen 2003.

Rudolf Josef Lippert: Die Mutterpfarrei Sailauf und ihre Pfarrherren. Ein Beitrag zur Heimatgeschichte, Sailaufer Heimatschriften 2, Sailauf/Obertshausen 1989.

Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege (Hg.): Die Kunstdenkmäler von Unterfranken & Aschaffenburg 24. Bezirksamt Aschaffenburg. Unveränderter Nachdruck der Ausgabe München 1927, München 1981.

Maria, Reinhardt: Vorgeschichte des Baus der Sailaufer St. Vituskirche von 1789.
In: Mitteilungen aus dem Stadt- und Stiftsarchiv Aschaffenburg 3 (8), 1992, S. 455-462.

Schmitt, Blanka u.a.: Zur Konsekration und 200-Jahr-Feier am 17. Juni 1989. St. Vitus-Kirche Sailauf. Sailaufer Heimatschriften 3, Sailauf 1989.

Peter Vychitil/Ludwig Wamser: Ausgrabungen in der ehemaligen Pfarrkirche St. Vitus zu Sailauf, Landkreis Aschaffenburg, Unterfranken.
In: Das archäologische Jahr in Bayern 1983 (1984), S. 153-155.