Als stummer Zeuge vergangener Jahrhunderte trotzt der Turm Zeit und Wetter. © Andol, CC-BY-SA-3.0-Lizenz
Ein mächtiges Symbol der bis 1803 währenden Mainzer Herrschaft im Bachgau. © David Enders
Der Bauherr, Kurfürst Berthold von Henneberg, hat sich mit seinem Wappen in luftiger Höhe verewigen lassen. © David Enders
Die Landmarke ist von allen umliegenden Gemeinden aus sichtbar. © David Enders
Blick Richtung Aschaffenburg und Spessart. © David Enders
Sicher ist sicher: Die 8m hoch gelegene Eingangstür war verriegelbar. © David Enders
Die vielen kleinen Löcher auf der Westseite sind keine Einschüsse aus Kriegszeiten, sondern dienten einst der Befestigung hölzerner Gerüste. © David Enders
Seit über 500 Jahren weist der Turm eine durchgängige "Besatzung" auf. © David Enders
Als stummer Zeuge vergangener Jahrhunderte trotzt der Turm Zeit und Wetter. © Andol, CC-BY-SA-3.0-Lizenz
Ein mächtiges Symbol der bis 1803 währenden Mainzer Herrschaft im Bachgau. © David Enders
Der Bauherr, Kurfürst Berthold von Henneberg, hat sich mit seinem Wappen in luftiger Höhe verewigen lassen. © David Enders
Die Landmarke ist von allen umliegenden Gemeinden aus sichtbar. © David Enders
Blick Richtung Aschaffenburg und Spessart. © David Enders
Sicher ist sicher: Die 8m hoch gelegene Eingangstür war verriegelbar. © David Enders
Die vielen kleinen Löcher auf der Westseite sind keine Einschüsse aus Kriegszeiten, sondern dienten einst der Befestigung hölzerner Gerüste. © David Enders
Seit über 500 Jahren weist der Turm eine durchgängige "Besatzung" auf. © David Enders

Schaafheimer Warte

1 Min. Fußweg
Schaafheim Wartturm
12 Min. zur Haltestelle

Der 22 Meter hohe Aussichtsturm an der bayerisch-hessischen Grenze bietet seit über 500 Jahren einen grandiosen Blick über den Bachgau. Ursprünglich diente er dem Kurfürstentum Mainz zur Überwachung der Grenze zur Grafschaft Hanau. Hier kreuzte der sogenannte Schiffweg die von Stockstadt bis Mömlingen verlaufende Landwehr, von der heute so gut wie nichts mehr erkennbar ist. Der Rundumblick ist dagegen geblieben.

Historie

1492 wurde die Warte auf dem 216m hohen Binselberg unter dem Mainzer Erzbischof Berthold von Henneberg (reg. 1484-1504) errichtet. Zur gleichen Zeit wurde auch die Bachgauer Landwehr zwischen Stockstadt a.M. und Mömlingen als unpassierbare Sperranlage entlang der Grenze zur Grafschaft Hanau errichtet. Deren Mittelteil galt es durch den Turm einerseits zu überwachen, andererseits den Grenzübergang des 'Schiffwegs', eines überregionalen Handelswegs, der von Aschaffenburg zum Rhein führte, zu sichern. Hier übernahm oder übergab Mainz das Geleit der Fuhr- und Kaufleute von/an Hanau - inklusive der zugehörigen Zölle und Geleitgelder.

Die Landwehr und damit auch der Wartturm verloren spätestens zu Beginn des 19. Jahrhunderts ihre Bedeutung und wurden aufgegeben. Während das Grabenwerk nach und nach von den umgebenden Feldfluren überprägt wurde, blieb die Warte erhalten. Sie hat sich zum Wahrzeichen der hessischen Gemeinde Schaafheim entwickelt und wurde 1992 - wohl zum 500. Jubiläum - restauriert.

Das Bauwerk

Auch wenn das Hanauische Territorium im Westen/Nordwesten lag, verfügt der 22 Meter hohe steinerne Turm über eine Rundum-Verteidigung. Sowohl etliche für Pulverwaffen ausgelegte Schießscharten (mit Prellhölzern für Hakenbüchsen) als auch vier Gusserker vermitteln entschiedene Wehrhaftigkeit. Der originale Eingang auf der Südostseite, heute ein Aussichtsbalkon, liegt in Höhe des dritten Geschosses und war ursprünglich nur über eine Leiter zu erreichen. Seine Tür konnte mittels eines hölzernen Riegels, dessen Einlegemechanismus an den Rinnen im Durchgang noch erkennbar ist, verschlossen werden. Insgesamt verfügte der Turm in seinem Inneren über sechs Geschosse, die beiden oberen bereits innerhalb des komplett gemauerten Dachkegels. Wie der Rauchabzug zeigt, war zumindest das zweite von oben durch einen Ofen oder Herd beheizbar. Die Wappentafel des Erbauers - zumindest Bauherrn -, Kurfürst Berthold von Henneberg, befindet sich im Nordosten direkt unter der Dachtraufe. Sie weist auch das Baujahr "1492" aus.

Die Bachgauer Landwehr

Die Kurmainzer oder Bachgauer Landwehr zog sich in einem weiten Bogen auf knapp 18 km Länge von der Gersprenz westlich Stockstadt a.M. bis zur Mümling südwestlich von Mömlingen. Die Sperranlage entlang der Territorialgrenze des Erzstifts Mainz zu pfälzischen und hanauischen Gebieten geht mindestens ins 15. Jahrhundert zurück. Ihre Funktion lag jedoch weniger in der Verteidigung dieser Grenze als in der Überwachung und der Kanalisierung des - zoll- und geleitpflichtigen - Warenverkehrs. Durch einen zumeist doppelten Graben und dazwischen bzw. dahinter aufgeworfene, mit einem Gebück (dichte Hecke aus herabgebogenen - gebückten - Hainbuchen oder Dornsträuchern) bestandene Erdwälle war diese Linie ohne größeren Aufwand undurchdringlich.

In einigen Abschnitten verläuft die Bachgauer Landwehr entlang älterer mittelalterlicher Grabenwerke, bei denen es sich zum Teil jedoch nur um Abgrenzungen von Dorffluren gegen Wild (Harge/Haage) handelte. Der groß angelegte Ausbau als lückenlose Landwehr dürfte erst in die Jahrzehnte nach 1486 fallen. Ab diesem Jahr durfte Kurmainz die Geleitsroute für Reisende nach und von Frankfurt ausschließlich über eigenes Territorium (Aschaffenburg - Seligenstadt - Steinheim - Offenbach) führen. Insbesondere zu den Frankfurter Messen in Frühjahr und Herbst, galt es, die damit verbundenen Mehreinnahmen aus dem Geleit der Kaufmannszüge durch das Verhindern/Bezollen von Grenzübertritten auf fremdes, vor allem hanauisches Territorium zu sichern. Dies ermöglichte die Anlage, die auf Karten des 17./18. Jahrhunderts als "Landwehr gegen Frankfurt" bezeichnet ist, mit ihren wenigen, bewachten und durch Schlagbäume gesicherten Durchlässen hervorragend. Dass ihr Verlauf nicht immer genau der damaligen Territorialgrenze, die sich überdies in Teilbereichen hin und wieder veränderte, entsprach, tut diesem Zweck keinen Abbruch.

Infolge intensiver Bewirtschaftung der Ackerfluren und Wachstum der Ortschaften haben sich die Reste des Sperrwerks fast ausschließlich unter Wald erhalten. Häufig weisen - wenn überhaupt - nur noch alte Flurnamen und Ortsbezeichnungen darauf hin. Besonders deutlich ist die Landwehr in ihrem nördlichen Abschnitt zwischen Gersprenz und Ringheim zu erkennen, wo sie immer noch die (seit 1814 bayerisch-hessische) Grenze bildet. In diesem sehr flachen Terrain zwischen Stockstadt/Ringheim und Babenhausen musste die Grenze auf rund 5km Länge sogar durch einen dreifachen Wall-Graben offenbar besonders intensiv gegen illegale Übertritte geschützt werden. Südlich der Radheimer Warte schloss sie die heute hessischen Dörfer Radheim, Mosbach und Dorndiel in einem nach Westen ausbauchenden Bogen ein, ehe sie nach Südosten Richtung Mümling zog. In diesem südlichen Abschnitt ist ihr Verlauf fast nur noch anhand vereinzelter Grabenrelikte auf den bewaldeten Höhen zu rekonstruieren.

Literatur und Links

Wolfgang Hartmann: Die Kurmainzer Landwehr in der südlichen Cent Bachgau.
In: Der Odenwald 39, 1992, S. 43-57.

 

weiterführende Links

Wolfgang Hartmann zur Kurmainzer Landwehr

Europäischer Kulturradweg "Durch den Plumgau"